Test: Alpha Protocol

Mit der Lizenz zu entscheiden
Wir entschließen uns zunächst mit Bedacht voranzuschreiten und nutzen die Stealth-Elemente des Spiels. Allerdings schwinden mit der Ankunft in einem Terroristenlager unsere Chancen auf Erfolg, wenn wir länger an unserer Schleichtaktik festhalten. Zu zahlreich sind die Gegner, zu schwerfällig das Deckungssystem. Wir sind fast schon gezwungen den Berserker raushängen zu lassen. Zu dumm nur, dass Thorton mit der Waffe scheinbar genauso ungeschickt ist wie auf der Pirsch. Selbst genaustes Zielen führt oftmals nicht zu den gewünschten Treffern. „Wie konnte man diesen Mann überhaupt zum Agenten machen?“, fragen wir uns, doch erinnern uns sogleich daran, dass wir es immer noch mit einem RPG zu tun haben. In der Welt der Rollenspiele funktioniert halt nichts ohne entsprechende Erfahrungspunkte. Wenn sich ein Spiel allerdings vordergründig als 3rd-Person-Shooter präsentiert, sollte der Einstieg nicht derart anstrengend, und eben auch unglaubwürdig, während der Action-Sequenzen ausfallen.

Da die Entwicklung des Charakters zentrales Gameplay-Element ist, greift Thorton auch selten auf irgendwelche Gadgets zurück, sondern verlässt sich lieber auf Spezialfähigkeiten wie die „gesteigerte Aufmerksamkeit“. Mithilfe dieser werden so für einen bestimmten Zeitraum nicht nur die Aufenthaltsorte der Gegner, sondern auch ihre aktuelle Blickrichtung anhand von Pfeilen eingeblendet. Als Standardaufgabe für einen Agenten, aber auch als spielerische Abwechslung, bauten die Entwickler noch einige Mini-Games ein – und die haben es in sich. Während das Knacken von Schlössern noch auf Fingerspitzengefühl setzt, indem ihr mit den Triggern auspendelt, sind das Hacken der Computer und Überbrücken von Schaltkreisen richtige Herausforderungen an die eigene Hand-Augen-Koordination. Das Problem bei diesen Spielchen ist, dass sie teilweise schon zu knifflig sind. So wird aus einer anfänglichen Herausforderung schnell Frust, weil ihr zum zigsten Mal vor einer (immer schwerer werdenden) „Mammutaufgabe“ steht, nur um den Alarm auszuschalten oder eine Tür zu öffnen – auch wenn Spannung und Lerneffekt nicht zu leugnen sind.

09.06.2010 : Benjamin Doum