Test: Crackdown

Rollenspiel im Action-Universum
Damit Crackdown nicht in eine stupide Missionsabfolge verfällt, hat ein Element Einzug gefunden, nach dem man in vergangenen Actiontiteln vergebens suchen musste: Eurer Held hat fünf Superkräfte, dessen Attribute sich sukzessiv weiterentwickeln. Sei es etwa die Schnelligkeit, die Sprungkraft oder gar die eigene Stärke – spätestens nach den ersten zwei Spielstunden überwindet ihr via Luftweg selbst die größten Hindernisse, lasst ganze Häuserschluchten mit einem beherzten Sprung hinter euch und klettert Häuser empor. Will man einem Scharmützel entfliehen, stellt dies aufgrund der später schieren Schnelligkeit auch kein Problem dar. Ihr verfallt früher oder später in den Bann der 'freien Stadt', nehmt dies wörtlich und macht nach allen Regeln der Kunst die Metropole unsicher und vergesst förmlich eure Hauptaufgabe, weil es in Crackdown so viele Spielabschnitte gibt, die man unter anderem erst im späteren Spielverlauf mit erhöhtem Level erreicht. Ferner liegt es an euch, die verschiedenen Extras in Pacific City einzusammeln, die allerdings nicht klar ersichtlich auf der Straße herumliegen, sondern vielmehr auf Häuserdächern oder in Hinterhöfen versteckt sind und zunächst akribisch gesucht werden wollen. Sammelt ihr die grünen und blauen Orbs ein, werdet ihr mit zusätzlichen Attribut-Boni belohnt, was dazu führt, dass euch schon bald das Sammelfieber einholt.

Der Blick in den Waffenschrank dürfte ein breites Grinsen auf das Gesicht von Fans geballter Action zaubern. Von Handfeuerwaffen, über Granaten bis hin zu Raketenwerfern wird alles geboten, was das Spielerherz begehrt. Das Problem liegt darin, dass ihr zur gleichen Zeit lediglich zwei Waffen mit euch tragen dürft, diese jedoch zu jeder beliebigen Zeit eintauschen dürft, sofern ihr ein Tötungsutensil auf dem Boden findet. Das Zielsystem geht nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über. Ihr visiert euren Gegenüber mit dem LT-Button an, während ihr ihm eure Feuersalven mit dem mit RT-Schulterknopf zu eurem Besten gebt. Mit dem rechten Analogstick dürft ihr das Fadenkreuz ein kleines Stück korrigieren. Handgranaten landet ihr mit LT.

Das Zielsystem hat aber auch seine Schattenseiten, da in hektischen Situationen die Kontrolle über das Kampfgeschehen gänzlich verloren geht. Habt ihr nämlich einen Feind zum Versiegen gebracht, visiert das Fadenkreuz nicht automatisch zum nächsten Gegner, sondern wartet darauf, dass der Button erneut gedrückt wird. Das ist nicht nur nervig, sondern lässt euch in späteren Schusswechseln des Öfteren den Controller am liebsten in die Ecke schmeißen, zumal ihr nach eurem Ableben wieder an einem der Nachschubpunkte beginnen müsst. Abhilfe schafft das Nahkampfsystem, das mit seinen relativ rar gesäten Kombos zwar nicht komplett ausgereift wirkt, aber dennoch gut von der Hand geht und auch für jede Menge Spielspaß sorgt. Besonders makaber ist die Tatsache, dass auf dem Boden liegende Feinde einen superben Kugelfang abgeben. Ein handfester Grund, warum die USK dem Titel eine Altersfreigabe verweigerte. Jeder vernichtete Gegner erzeugt übrigens Erfahrungspunkte im Bezug auf eure Waffenfähigkeit, die automatisch gutgeschrieben werden.

Hier kommt außerdem die gigantische Levelarchitektur zum Einsatz, die ihr kräftig zweckentfremden dürft. Ob Autotür oder Sprengstofffass, ihr reißt eines der über 500 Objekte aus der Wand und benutzt es anschließend als Verteidigung oder Angriffswaffe gegen eure Kontrahenten. Das macht nicht nur Laune, sondern lässt auch Raum für jede Menge Experimente, denn Pacific City erstreckt sich über eine gigantische Größe.

Wer sich seinen Weg nicht nur per pedes bahnen möchte, beschlagnahmt kurzerhand eines der reichlich gesäten Autos, die durch die Metropole fahren, und nimmt hinter dem Steuer platzt. Da ihr ein Gesetzeshüter seid, müsst dafür noch nicht einmal eine Straftat begehen. Man stellt sich einfach auf die Fahrbahn und fängt per „Carnapping“ ein Vehikel ab. Wesentlich effizienter ist das Benutzen abgestellter Fahrzeuge, die gelegentlich am Straßenrand oder auf Parkplätzen vorgefunden werden. Besonders interessant ist das Weiterentwickeln der fahrbaren Untersätze. Mit ansteigendem Level werden sie nämlich mit immer besseren Fähigkeiten ausgestattet, etwa einem besseren Fahrverhalten oder härterer Panzerung. Ein wenig schmerzlich vermisst werden allerdings Wasserfahrzeuge, denn aufgrund der Tatsache, dass die Metropole am Meer liegt, hätten sich diese geradezu angeboten. Auch Zweiräder, Flugzeuge und Hubschrauber sucht ihr vergebens. Die Entwickler haben sich vielmehr auf die Vierradvehikel fokussiert. Segnet euer Held einmal das Zeitliche, wird er sofort in das Hauptquartier teleportiert. Dort steht ein schwerer Agency-SUV mit einer guten Panzerung, ein sportliches Agency-Supercar, und ein gepanzerter Agency-Truck-Cab, welcher ohne Rücksicht auf Verluste alles platt macht, was den Weg blockiert.

17.02.2007 : Patrick Schröder