Wenngleich die Stimmung dem Radsport gegenüber in Deutschland immer noch negativ behaftet ist, bringt Focus Home Interactive auch dieses Jahr pünktlich zum Start der Tour de France das gleichnamige Videospiel heraus. Ob sich das Spiel am Ende das gelbe Trikot überstreifen kann oder beim Zielsprint die Puste ausgeht, erfahrt ihr in unserem Front-Test!
Tour de France 2018 – Das offizielle Videospiel im Test!
Die diesjährige Tour de France steht in den Startlöchern und auch der jährliche Ableger von Focus Home Interactive ist seit wenigen Tagen offiziell erschienen. Während euch auf dem PC ein umfangreicher Radsport-Manager zur Verfügung steht, dürfen bzw. müssen sich die Konsoleros mit der der abgespeckten Version „Tour de France 2018“ zufrieden geben. Ihr übernehmt die Kontrolle über einen Fahrer (oder ein Team) im Kampf um das gelbe Trikot. Darüber hinaus könnt ihr im Pro Leader Modus zur unangefochtenen Nummer 1 der Welt aufsteigen oder euch im Herausforderungsmodus einzelner Aufgaben annehmen. Abgerundet wird das Ganze durch einen lokalen Koop sowie Online-Multiplayer Modus.
Ein Spiel für Hardcore-Fans
Während euch für den PC ein kompletter und umfangreicher Radsport Manager zur Verfügung steht, liegt das Hauptaugenmerk der Konsolenversion auf dem Fahren der Zweiräder. Wer also gerne einen eigenen Rennstall bis ins Detail planen und zu Ruhm und Ehre führen will, wird mit der Konsolenversion und den lediglich rudimentären Aspekten des Managements enttäuscht werden.
Le Tour de France 2018 bietet euch neben dem Tour-, Profiteam- und Pro-Kapitän- auch einen Herausforderungsmodus. Im Tour-Modus könnt ihr z.B. die Tour de France samt originaler Strecken und Fahrer absolvieren, während ihr im Profiteam-Modus mit einem eigens zusammengestelltem Team über mehrere Jahre hinweg versucht, das beste Team der Welt zu werden.
Klingt dieser Modus anfangs noch nach einem Managermodus, stellt sich schnell Ernüchterung ein. Zwar ist es möglich, sich ein eigenes, fünfzehnköpfiges Team im Rahmen eines vorgegebenen Budgets zusammenzustellen, doch recht viel mehr – abgesehen von der Wahl passender Sponsoren – abseits der Radstrecke bietet der Modus nicht.
Hier wäre ein vollständiger Managermodus deutlich sinnvoller platziert (und wünschenswert) gewesen, als dieser äußerst oberflächlich gestaltete Profiteam-Modus. Im Pro-Kapitän Modus könnt ihr euch euren eigenen Konterfei erstellen, Aussehen und Spezialisierungen festlegen und euch vom Amateur zur Radsportlegende hocharbeiten.
Mangels Umfang und spielerischen Möglichkeiten ist dieser Weg aber ähnlich spaßig und motivierend wie eine 200km Einrad Tour auf Kopfsteinpflaster bei Schnee. Im Herausforderungsmodus könnt ihr euch entweder gegen die KI oder im Online-Modus um die beste Zeit bei speziellen Abfahrten messen.
Nie war eine Vorspulfunktion wichtiger
Da der Managementaspekt kaum bis gar nicht vorhanden ist, soll die Spielmechanik auf der Piste vollends überzeugen. In der Theorie macht sie das auch, in der Praxis bleibt aber vor allem eines auf der Strecke: der Spielspaß! Die Steuerung der Pedalisten ist eingängig und die Tastenbelegung ähnlich zu diversen Renn- und Motorsportspielen.
Mit RT wird gelenkt, mit LT gebremst. Durch dauerndes Drücken der A-Taste wird zum Spurt angesetzt, während das Halten der X-Taste ermöglicht, sich an das Hinterrad des Vordermannes zu kleben. Die Steuerung ist eingängig und geht so bereits nach wenigen Minuten leicht von der Hand. Da das alleinige Fahren aber nur bedingt zum Erfolg führt und die Teamarbeit essentiell ist, steht einem auch der sog. Teamfunk zur Verfügung.
Einmal mit „B“ aufgerufen gibt man seinen Teammitgliedern Anweisungen und weißt ihnen spezielle Aufgaben zu. So kann man beispielsweise seinen Teamkapitän beschützen lassen oder seine Jungs als Tempomacher an die Spitze des Feldes führen. Dadurch können die Stärken der Fahrer ausgereizt und verschiedene Taktiken verwendet werden.
Die taktischen Möglichkeiten wirken allerdings nur oberflächlich, denn am Ende liefen alle Rennen folgendermaßen (gleich) ab. Kurz nach dem Start weist man den einzelnen Fahrern die entsprechenden Aufgaben über den Teamfunkt zu. So lässt man seinen Kapitän entsprechend schützen, weiteren Teammitgliedern weißt man an, Ausreiser zu kontern und das Tempo dann dementsprechend wieder zu drosseln.
Da eine 300km Etappe gerne mal einen halben Nachmittag verschlingen würde nutzt man die hilfreiche Vorspulfunktion bis kurz vor dem Ende. Dort angekommen übernimmt man die Kontrolle seines Schützlings und fährt ihn im Zielsprint zum Sieg. Hier hätte der taktische Aspekt eine viel wichtigere Rolle einnehmen zu müssen, so kam während der Vorspulphase Rennen für Rennen eine immer größer werdende Langeweile auf.
Zugegeben, spielt man wirklich die komplette Etappe selbstständig hat man in Bezug auf Berg- und Sprintwertungen, dem Einhalten des Ausdauerhausaltes sowie dem Fahren eigenständiger Attacken genug zu tun, aber seien wir uns mal ehrlich: Wer fährt jede Etappe einer Tour selbstständig und in Echtzeit daheim nach?
Der Entwickler hat es hier mit „Le Tour de France 2018“ versäumt, dem Spieler mehr Anreize für das eigentliche Spielen zu geben, die Möglichkeiten wären aber wirklich gegeben.
Definitiv kein Augenschmaus?
Auch in Sachen Präsentation und Sound erwartet euch hier keineswegs ein Ausreiser nach vorne. Die einzelnen Fahrermodelle sehen – bis auf die Farbe der Trikots – identisch aus. Das reale Abbild von Froome, Quintana und Co. wird man – zumindest in diesem Teil – vergeblich suchen. Auch die Drahtesel der einzelnen Fahrer unterscheiden sich lediglich in ihrer Farbe.
Ein unterschiedliches Fahrverhalten ist – logischerweise – nicht zu spüren. Damit sind wir auch schon beim wohl größten Manko von TDF2018 angekommen – dem Fahrgefühl. Egal ob man langsam den Berg „hinaufgraxelt“ oder bei einer halsbrecherischen Abfahrt dem Feld enteilen will, alles fühlt sich irgendwie gleich an. Die kaum vorhandene Kollisionsabfrage reiht sich direkt in die schwache Präsentation des Titels ein.
Fährt man in das Hinterrad eines Kontrahenten wird man stellenweise regelrecht nach hinten katapultiert, als würde man einen Gummiball an die Wand werfen. Hinzu kommen die vielen Pop Up’s und zahlreichen Einbrüche der Framerate. Auch in Sachen Sound bewegt sich das Spiel im unteren Mittelfeld.
Zwar hört man hier und da ein paar Anfeuerungsversuche der Zuschauer am Straßenrand, wirklich authentisch wirkt das Ganze aber wahrlich nicht. Auch der maue Kommentator hilft der Soundkulisse nicht auf die Sprünge. Da der Hauptbestandteil von TDF2018 das Fahren ist, hätte ich hier deutlich mehr erwartet.